Einen großen Publikum bekannt wurde Iris Berben als Kommissarin Rosa Roth in der gleichnamigen Krimiserie im ZDF. Ausnahmsweise nicht vor die Kamera, sondern auf die Theaterbühne tritt die beliebte Schauspielerin am Sonntag in Meiningen. Im Großen Haus wird sie um 11.15 Uhr aus der Autobiografie von Alexander Granach “Da geht ein Mensch” lesen. Anschließend plaudert die Darstellerin ab 14 Uhr über Film, Theater und Leben im Theatermuseum. Der Erlös beider Auftritte kommt der dort gezeigten Sammlung historischer Bühnenbilder aus der Zeit des Theaterherzogs Georg II. zugute. Wir sprachen mit Iris Berben über den Erhalt von Kulturgut, die Aktualität des Holocaust und die Lust auf das Theater.

Frau Berben, Sie sind eine vielbeschäftigte Schauspielerin. Was hat Sie dazu bewogen, für den Erhalt der Sammlung historischer Meininger Theaterbühnenbilder aufzutreten?

Für mich ist diese Benefiz-Reihe eine sehr gute Sache. Wir befinden uns heute in einer schnelllebigen Welt, in der viele Dinge einfach verschwinden, ohne dass sie für die Nachwelt bewahrt werden. Deswegen finde ich es bemerkenswert, dass es eine solche Initiative in Meiningen zum Erhalt dieser historischen Bühnenbilder-Sammlung gibt. Das Land Thüringen gibt ja Geld dafür, aber es reicht offenbar nicht. Ich hoffe natürlich, dass viele Leute aus der Region Lust auf meine Lesung im Theater und das anschließende Gespräch mit dem MDR im Theatermuseum haben.

War Ihnen vorher das Meininger Theater und seine Geschichte bekannt?

Natürlich ist mir das ein Begriff gewesen. Merkwürdigerweise steht das Meininger Theater sogar mit der Wahl meines Buches in Verbindung. Ich werde aus “Da geht ein Mensch” von Alexander Granach lesen. Dieser Schauspieler – so ist mir jetzt allerdings erst bewusst geworden, als ich Textstellen für meine Lesung herausgesucht habe – hat zeitweise auch mit Schauspielern vom Meininger Theater gespielt. Damit schließt sich ein wunderbarer Kreis, an den ich ursprünglich gar nicht dachte. Erzählt wird in diesem Buch die ungewöhnliche Biografie eines Bäckersohnes aus einem kleinen Städl in Galizien. Er hat es geschafft, berühmt zu werden. Zunächst an einem Theater in Deutschland und später sogar als Schauspieler beim Film in Hollywood. Mit viel Liebe und Schwermut erzählt Granach von den Menschen in seiner Heimat und seiner Liebe zum Theater.

Wie haben Sie dieses Buch entdeckt?

Ein Anknüpfungspunkt für meine Lesungen und Programme, mit denen ich oft unterwegs bin, sind immer wieder Bücher der jüdischen Literatur und wiederentdeckte jüdische Autoren oder – wie in diesem Fall – jüdische Schauspieler. Angefangen hat es mit einer szenische Lesung über Anne Franks und Joseph Goebbels zeitgleiche Tagebuchaufzeichnungen, die ich in 42 Theatern aufgeführt habe. Schon Ende der 1990er Jahre habe ich mit meinem Sohn an Schulen aus dem Buch “Mama, was ist Auschwitz?” gelesen und das Buch bekannt gemacht. Später folgten szenische Lesungen mit Hitlers Tischgesprächen aus dem Führerhauptquartier in Verbindung mit Biografien von Holocaust-Überlebenden. In meinem letzten Programm ging es um verbrannte Bücher und verfemte Komponisten. Ich habe auch viele Hörbücher zum Holocaust-Thema veröffentlicht. In Meiningen wollte ich zunächst mein Programm über Irène Némirovsky vorstellen. Sie war eine russisch-französische Jüdin und kam 1942 in Auschwitz um. Als Schriftstellerin von ungewöhnlicher Sprachkraft wurde sie erst sehr spät wiederentdeckt. Beim Recherchieren für meinen Auftritt habe ich dann aber nach einem Bezug zum Theater gesucht und bin auf Granach gekommen. Aus seinem Buch habe ich schon oft gelesen.

Das Holocaust-Thema ist immer aktuell. Gab es für Sie auch einen konkreten Anlass, sich darauf zu spezialisieren?

Es hat damit zu tun, dass ich als sehr junges Mädchen nach Israel kam und neugierig war, weil damals in den 60ern und auch Anfang der 70er-Jahre das Thema Drittes Reich total ausgespart wurde. Es gab damals zwar Informationen über den Sechs-Tage-Krieg aber nichts weiter. Als Halbwüchsige hatte ich das Gefühl, dass da etwas Verbotenes und Unterdrücktes war, was meine Neugier weckte. Ich bin deswegen nach Israel gefahren und habe meinen Geschichtsunterricht vor Ort bekommen. Mit 18 wusste ich nicht, dass dies ein Thema ist, dass immer aktuell bleiben würde. Damals hoffte man ja noch, dass man sich auf einem Terrain befindet, auf dem nie wieder eine Diskussion über Ausgrenzung und Antisemitismus geführt werden würde. Heute weiß ich, dem Thema Holocaust muss sich jede Generation immer wieder neu stellen. Insofern ist es ein Weiterführen von dem, was ich als junger Mensch kennen gelernt habe. Andererseits versucht man heute auch, den jungen Menschen eine moralische Verpflichtung zu vermitteln. Denn wir merken ja, dass die Rattenfänger wieder unterwegs sind.

Themenwechsel: Komödiantisches verspricht ein neuer Kinofilm mit Ihnen, der am 29. November auf die Leinwand kommt. In “Anleitung zum Unglücklichsein” nach dem gleichnamigen Bestseller spielen Sie die bereits verstorbene Mutter, die ihre neurotisch-unglückliche Tochter ständig nervt. Was für eine Berben erwartet das Kinopublikum?

Dieses Buch hat ja bei uns allen auf dem Nachtschrank gelegen. Die Autorin Sherrry Hormann erzählt immer mit einem Augenzwinkern – eine Ironie, die ihr auch gelungen ist. Es ist daraus eine liebenswerte Filmkomödie geworden. Auch weil die Hauptdarstellerin Johanna Wokalek so vieles in sich vereint. Allein was sich in ihrem Gesicht abspielt, ist einfach toll. Und ich bin in dieser Geschichte wirklich eine enervierende Mutter, die der Tochter immer auf der Schulter sitzt und ihr das Leben schwer macht. Es hat Spaß gemacht.

Gerade ist auch ein Buch über Iris Berben erschienen – “Ein Jahr – ein Leben”. Der Titel klingt ein bisschen nach Abschluss, obwohl Sie noch mitten im Leben drin sind.

Es ist ein Gesprächsbuch, das ich mit Christoph Amend, dem Chefredakteur des Zeit-Magazins, gemacht habe. Er hat mich ein Jahr lang begleitet – vom Herbst letzten Jahres bis diesen Herbst. Es sind Gespräche über das, was mit mir passiert, beruflich und privat, auch über gesellschaftspolitische Entscheidungen, die anstanden. Es passiert in dieser kurzen Zeit so viel, dass der Verlag am Ende gesagt hat, das, was bei mir in einem Jahr passiert, passiert bei anderen in einem ganzen Leben. So sind wir dann auf den Titel gekommen, der sich tatsächlich nur auf ein Jahr bezieht.

Kommen wir noch mal zurück zum Theater. Sie erwähnten, dass Sie mit Ihren Lesungen und Programmen in Theatern aufgetreten sind. Haben Sie auf der Bühne auch schon gespielt?

Ja. Aber das ist schon viele Jahre her. Ich habe lange nicht mehr auf einer Theaterbühne gespielt, das letzte Mal vielleicht vor 25 Jahren oder mehr. Der wunderbare Thomas Thieme, mit dem ich viele Filme gemacht habe, will mich immer wieder zum Theaterspielen überreden. Ich hoffe, es gelingt ihm irgendwann. Im Moment hindern mich daran immer wieder die Filmpläne, die lange vorher feststehen. Ich müsste mich aus dieser Filmerei also erstmal verabschieden. Aber ich hätte große, große Lust dazu.

Interview: Carola Scherzer

 

Karten für die beiden Benefiz-Auftritte sind an der Theaterkasse oder unter 03693/451222 erhältlich.

Comments

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.