Von Renate Wagner

Simon Wiesenthal, geboren 1908 in Galizien, bekommt vom Jüdischen Museum in Wien, punktgenau zehn Jahre nach seinem Tod am 20. September 2005, eine Ausstellung gewidmet. Sie hat zwar nur die zwei Räume des Museums am Judenplatz zur Verfügung, entwirft hier aber mit vielen Bildern und Dokumenten ein recht umfassendes Bild dieses faszinierenden Mannes, der nicht nur Freunde hatte — und doch so viel für Österreich geleistet hat.

Ausgebildet als Architekt, von den Nationalsozialisten nacheinander in fünf Konzentrationslager verbracht, ist er am 5. Mai 1945 von US-Soldaten aus Mauthausen befreit worden. Er und seine Frau haben 89 Familienmitglieder in der Shoah verloren.

Dennoch drehte Wiesenthal Österreich nicht den Rücken, hütete sich vor Pauschalverurteilungen der Bevölkerung, suchte vielmehr die wahren Täter und Verantwortlichen. Er tat es die längste Zeit in Linz (Büro in der Goethestraße), wo er mit seinen Recherchen über Nazi-Verbrecher begann, übersiedelte erst 1960 nach Wien, wo er bis zu seinem Tod blieb, immer Gerechtigkeit, nicht Rache suchend.

In seinen bescheidenen Büroräumen, seit 1975 in der Salztorgasse, war er unermüdlich tätig, arbeitete in seinem Dokumentationszentrum, engagierte und zerstritt sich später in der Jüdischen Gemeinde, und baute eine Feindschaft zu Bruno Kreisky auf, die, wie Danielle Spera, die Direktorin des Jüdischen Museums meint, geradezu „irrational“ war: Aber die beiden standen an entgegengesetzten Polen, der eine, der die Vergangenheit aufräumte, der andere, der in seiner Zukunftsgewandtheit in Wiesenthals Augen viel zu große Zugeständnisse machte …

Nazi-Jäger, Politiker und Architekt

Die Schau streift viele Themen: der Nazi-Jäger, der Politiker, der Architekt — sein eigener Plan eines Shoah-Denkmals für Jerusalem konnte nicht verwirklicht werden, aber dass heute auf dem Judenplatz (vor dem Museum) das „Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoah“ (gestaltet von Rachel Whiteread) steht, geht voll und ganz auf seine Initiative zurück.

Und im Filmraum kann man Wiesenthal auch sehen, nicht nur live in seiner versöhnlichen (!) Auseinandersetzung mit Albert Speer, sondern auch gespielt von Shmuel Rodensky im Thriller „Die Akte Odessa“, wo er auch auf der Leinwand tat, was sein Lebensinhalt war: Nazi-Verbrecher zu jagen …

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Bis 8. Mai:

tägl. außer Sa. 10-18, Fr. 10-17 Uhr. Judenplatz, Wien I.

Katalog:

29,90 €, Metroverlag.

Fotos: privat/Simon Wiesenthal Archiv Wien

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