Wie alle Fußballspielerinnen hat Veronica Boquete ihre Angewohnheiten. Dazu gehören unter anderem Pilgerreisen im heimischen Galizien. „Wenn ich einen Titel gewinne, wandere ich jedes Mal ein kleines Stück auf dem Jakobsweg“, erzählt die Spanierin, die am Ziel des Pilgerpfads in Santiago de Compostela auf die Welt gekommen ist. Gut möglich, dass die 28-Jährige im Spätsommer neue Teile des Weges kennenlernt. Schließlich hat die Mittelfeldspielerin mit dem 1. FFC Frankfurt noch Titelchancen in Meisterschaft und Champions League, wo der Finaleinzug schon vor dem Halbfinal-Rückspiel bei Brøndby IF in Kopenhagen am 25. April (12 Uhr/live Eurosport) nach dem 7:0-Hinspielerfolg so gut wie sicher ist.

Diese spannenden Finalwochen seien genau das, was man zu Beginn der Saison habe erreichen wollen, sagt die spanische Führungsspielerin. Aber sie spüre deswegen keinen Druck; wohl auch deshalb nicht, weil sie kein Deutsch spreche und nicht höre, wenn man darüber rede, vermutet die Galizierin, die Erfahrungen aus Engagements in neun Vereinen in Schweden, Russland, Spanien und den USA mitbringt: „Am liebsten würde ich jede Woche ein Champions-League-Finale bestreiten.“

Sicher spricht daraus auch eine Besessenheit, die sich nach dem dramatischen letztjährigen Champions-League-Finale entwickelt hat, in dem Boquete im Trikot von Tyresö FF dem VfL Wolfsburg 3:4 unterlag. Natürlich brenne sie auf eine Revanche gegen Wolfsburg am letzten Bundesligaspieltag, versichert die 28-Jährige, die mit Dszenifer Marozsan eines der besten Kreativzentren im Frauenfußball bildet. Boquete ist ähnlich wie die deutsche Taktgeberin technisch versiert und mit Torinstinkt sowie gutem Auge gesegnet. Bisweilen verführt sie das jedoch auch zu einem umständlichen Spiel mit zu vielen Haken.

Sie hat einige Zeit gebraucht, um sich an System und Spielweise des FFC in der Bundesliga zu gewöhnen. Das hing auch mit ihrem Engagement bei Portland Thorns zusammen, dem Klub von Nadine Angerer. „In den USA ist das Spiel sehr physisch und schnell, sodass die Taktik manchmal etwas auf der Strecke bleibt“, erklärt Boquete und zieht den Vergleich: „Hier kommen die technischen und taktischen Komponenten stärker zum Zug.“

Die Nationalmannschaftskapitänin und Ex-Frankfurterin Angerer war übrigens wenig angetan von den Wechselabsichten ihrer Teamkollegin. „Sie hat den Kopf geschüttelt und mir trotzdem alle Unterstützung versprochen“, erinnert sich Boquete lachend. Bereut hat sie den Wechsel nicht: „Obwohl es in der ersten Saisonhälfte nicht lief, haben wir uns herangekämpft. Das hat mich reifen lassen“, sagt Boquete, deren Zukunft bislang offen ist.

Sie wisse noch überhaupt nicht, was sie nach dem Sommer mache, könne sich aber auch ein weiteres Jahr in Frankfurt vorstellen: „Ich bin in jeder Richtung offen für Gespräche.“ Ein dauerhaftes Verweilen an einem Ort ist in der Karriere der Uefa-Frauenfußballbotschafterin bisher allerdings ausgeblieben. Umso überraschender also, wenn sie sagt, dass sie, wenn sie denn wählen könnte, ihr ganzes Leben beim gleichen Klub spielen würde: „Das war im Frauenfußball bislang jedoch unmöglich, weil man wechseln musste, um mit den Besten spielen zu können.“

Deshalb wirkt sie in der eigenen Nationalmannschaft im Grunde ein wenig deplatziert: Bei den Spanierinnen, die erstmals in Kanada an einer WM teilnehmen, sticht sie als Spielmacherin und Kapitänin heraus. Dass ihr Land das Turnier gewinnt, gilt beinahe als ausgeschlossen. Ob sie zu einer Pilgerreise aufbrechen wird, entscheidet sich also im Trikot des 1. FFC Frankfurt.

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