Wien (APA) – Nach den Niederlagen in Serbien und Galizien hing Österreich-Ungarn schon zu Weihnachten 1914 in den Seilen. Mit dem Verlust von einer Million Soldaten sei es zu diesem Zeitpunkt „eigentlich am Ende“ gewesen, betont Rauchensteiner im APA-Interview. Dennoch unternahm der Kaiser nichts, um diesem Schrecken ein Ende zu bereiten. „Friede war für Franz Joseph bis zu seinem Tod 1916 kein Thema.“

Stattdessen muss sich Wien dem deutschen Bündnispartner unterordnen. Nur mit deutscher Hilfe kann im Sommer 1915 Galizien zurückerobert und im Herbst Serbien besiegt werden. Dafür bekommt es Österreich-Ungarn im Südwesten mit einem Gegner zu tun, auf den es überhaupt nicht vorbereitet war. Das mit den Mittelmächten verbündete Italien schließt am 26. April in London einen Geheimvertrag mit den Alliierten, die ihm Territorialgewinne auf Kosten Österreich-Ungarns versprachen. Im Juni beginnt die erste von zwölf Isonzo-Schlachten, die sich bis ins Jahr 1918 ziehen sollten. An der Westfront setzt die deutsche Armee in der Schlacht von Ypern (22. April) erstmals Giftgas ein, im Osten erobern die Mittelmächte Warschau und Vilnius.

Im dritten Kriegsjahr veranschaulichen die Schlachtfelder von Verdun die Sinnlosigkeit des Krieges. Zwischen Februar und Dezember 1916 lassen dort über 300.000 deutsche und französische Soldaten ihr Leben, ohne dass es zu einer wesentlichen Frontverschiebung kommt. Russland erzielt Erfolge in der Bukowina, Armenien und Persien, während London und Paris im Sykes-Picot-Abkommen (Mai) die Aufteilung des Osmanischen Reiches vereinbaren. Im August tritt Rumänien an der Seite der Entente in den Krieg ein, doch wird es bereits im Dezember von den Mittelmächten unterworfen.

Im September 1916 hört Österreich-Ungarn faktisch auf, ein eigenständiger Kriegsteilnehmer zu sein. Nachdem sich die österreichische Armee nur mit deutscher Hilfe gegen Russland behaupten kann, setzt Berlin eine „Gemeinsame Oberste Kriegsleitung“ unter dem deutschen Kaiser Wilhelm II. durch. Wenige Wochen vor seinem Tod am 21. November bindet der greise Kaiser Franz Joseph damit seinem Nachfolger Karl I. die Hände.

Der neue Monarch setzt sich umgehend für einen Friedensschluss ein. Auf Druck Karls I. formulieren die Mittelmächte am 12. Dezember 1916 ein Friedensangebot an die Entente, das diese aber zurückweist. Deutschland wollte nämlich keine konkreten Friedensbedingungen nennen.

Wenige Wochen später unterläuft Berlin dann ein kriegsentscheidender Fehler. Um der Entente die Nachschubwege abzuschneiden, erklärt das Deutsche Reich am 1. Februar 1917 den uneingeschränkten U-Boot-Krieg. Damit, so der Historiker Sönke Neitzel im „Spiegel“, hätten die Deutschen „ihr eigenes Grab geschaufelt“. Der U-Boot-Krieg bewegt nämlich die USA am 6. April zum Kriegseintritt, was die Entente in einer kritischen Situation stützt.

London und Paris waren damals nämlich mit innenpolitischen Krisen, Streiks und Aufständen konfrontiert. Zugleich entglitt ihnen mit Russland der wichtigste Verbündete, da Zar Nikolaus II. im Zuge der Februarrevolution gestürzt wurde. Mit den USA und ihren schier unerschöpflichen materiellen Ressourcen bekommen die Westmächte aber einen ungleich stärkeren neuen Bündnispartner.

Zunächst können die Mittelmächte aber noch Erfolge erzielen. Nach der Februarrevolution in Russland werden Galizien und die Bukowina zurückerobert, und infolge der Oktoberrevolution kann mit der neuen Sowjetregierung am 15. Dezember ein Waffenstillstand ausverhandelt werden. In der zwölften Isonzoschlacht im Oktober werden die Italiener bis an die Piave zurückgeschlagen, wobei auch Giftgas zum Einsatz kommt. Nur außerhalb Europas kann die Entente punkten, etwa mit de Einnahme Bagdads (im März) und Jerusalems (im Dezember).

Die Erfolge auf dem Schlachtfeld drängen die Friedenssondierungen in den Hintergrund. Karl I. hatte seit Anfang 1917 über Mittelsmänner Geheimverhandlungen mit Frankreich geführt. In einem Brief vom 24. März 1917 erkannte er auch die französischen Ansprüche auf Elsass-Lothringen an, womit er seinem Bündnispartner Deutschland in den Rücken fiel. Die Mission scheiterte, da Karl einen Sonderfrieden ebenso ablehnte wie eigene Zugeständnisse zugunsten Italiens.

Dabei waren die Mittelmächte nach dem Hungerwinter 1916/17 bereits am Ende ihrer Kräfte. In Deutschland beschließt der Reichstag im Juli eine Friedensresolution. In Österreich-Ungarn versucht Karl seine Machtbasis zu verbreitern, indem er den Reichsrat einberuft. Seine Tagungen ab Mai 1917 lassen die nationalen Gegensätze im Vielvölkerreich aber nur noch stärker zutage treten.

Im letzten Kriegsjahr, eingeläutet durch das 14-Punkte-Programm von US-Präsident Woodrow Wilson zur Nachkriegsordnung (8. Jänner), wendet sich das Blatt endgültig zugunsten der Alliierten. Zwar erreichen die Mittelmächte Friedensschlüsse mit der Ukraine (Februar), Russland (März) und Rumänien (Mai), doch schlagen an der Westfront gleich fünf deutsche Offensiven fehl. Am 8. August müssen sich die Deutschen nach einer verlorenen Schlacht gegen britische Panzertruppen bei Amiens auf die „Siegfriedlinie“ zurückziehen. Im Juni scheitert die letzte österreichische Offensive an der Piavemündung.

Das Endspiel wird durch einen italienischen Gegenschlag Ende Oktober eingeläutet, bei dem sich die österreichische Südfront auflöst. Damit gerät Deutschland in eine ausweglose Situation, da die Alliierten nun auch von Süden angreifen können. Acht Tage nach dem Waffenstillstand Österreich-Ungarns mit den Alliierten am 3. November gibt auch Deutschland auf.

Weder das deutsche noch das österreichische Kaiserreich überstehen den Krieg. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. dankt schon zwei Tage vor dem Waffenstillstand von Compiegne am 11. November ab, Karl unterzeichnet an diesem Tag seine Verzichtserklärung. Zu diesem Zeitpunkt war sein Reich bereits zerfallen. Vom 28. bis 31. Oktober sagen sich Tschechen, Südslawen und Ungarn von der Monarchie los, auch die deutschsprachigen Reichsratsabgeordneten bilden eine eigene Regierung.

Das am 12. November verkündete „Deutsch-Österreich“ sucht sein Heil im Anschluss an das Deutsche Reich, doch wird dies von den Alliierten verboten. Das anderen europäischen Völkern gewährte Selbstbestimmungsrecht wird den Deutschen verweigert, weil dies Territorialgewinne für den Kriegsverlierer zur Folge gehabt hätte. Stattdessen müssen die Kriegsverlierer Deutschland, Österreich, Ungarn, Türkei und Bulgarien in den Pariser Vororteverträgen harte und demütigende Friedensbedingungen akzeptieren, die den Keim des nächsten Konflikts in sich tragen.

Der Friedensvertrag von Versailles mit Deutschland am 28. Juni 1919, genau fünf Jahre nach den folgenschweren Schüssen von Sarajevo, markiert somit den Beginn weiteren Unheils, das 20 Jahre später in einem weiteren, noch schrecklicheren Weltkrieg kulminieren sollte. Die auf politischem Misstrauen, drückenden Reparationszahlungen und hohen Zollmauern fußende „Friedensordnung“ stößt den Kontinent nämlich schon bald in neue politische und wirtschaftliche Krisen, mit dem Aufstieg autoritärer und kriegshetzerischer Bewegungen wie der deutschen Nationalsozialisten als Konsequenz.

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