Vitoria Gasteiz, La Coruna – Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) dürfte die Regionalwahlen im Baskenland und in Galicien am Sonntag mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgt haben. Einerseits bekam die Regierung in Rajoys Heimatprovinz Galicien Unterstützung für ihren viel kritisierten Sparkurs, anderseits könnten die Erfolge der nationalistischen Parteien im Baskenland (Euskadi) die Einheit Spaniens weiter bedrohen.

Der Sieg der gemäßigten Nationalisten von Inigo Urkullu (PNV/EAJ) bei den Regionalwahlen im Baskenland war keine Überraschung. Mit 27 Parlamentssitzen wurde seine Baskisch-Nationalistische Partei stärkste Partei. Auch dass das neue linksnationalistisch-separatistische Parteienbündnis EH Bildu (Versammlung) mit 21 Abgeordneten als zweitstärkste Partei aus den ersten Wahlen hervorgehen würden, nachdem die baskische Terrororganisation nach 50 Jahren und 830 Toten vor genau einem Jahr ihren bewaffneten Kampf für ein unabhängiges Euskadi (Baskenland) aufgegeben hat, war vorhergesagt worden.

Ruf nach Unabhängigkeit

Nun schaut die spanische Regierung nun mit großer Sorge auf das große Gewicht, welches die Separatisten mit 21 Abgeordneten im zukünftigen baskischen Regionalparlament in Vitoria haben werden. Das Wahlergebnis vom Sonntag könnte die Baskisch-Nationalistische Partei zu einer Regierungskoalition oder einer Minderheitsregierung mit der punktuellen parlamentarischen Unterstützung durch die radikalen Separatisten zwingen, sollten sie sich gegen eine Koalition mit den Sozialisten entscheiden.

Generell werden die erstarkten Separatisten aber ihren Ruf nach der baskischen Unabhängigkeit mehr Nachdruck verleihen können. Im Zuge der durch die Wirtschaftskrise befeuerten Unabhängigkeitsforderungen Kataloniens, wo ebenfalls am 25. November vorgezogene Regionalwahlen stattfinden werden, wird sich die konservative Regierung von Ministerpräsident Rajoy nun also auch im Baskenland erneut auf vehementere Unabhängigkeitsforderungen einstellen müssen.

In der vergangenen Legislaturperiode, in welcher die Sozialisten unter Patxi Lopez (PSE) mit einer für Spanien ungewöhnlichen Unterstützung der Konservativen (PP) einer Minderheitsregierung in Vitoria vorstanden, hatten sich die traditionell lauten Rufe nach einem unabhängigen Baskenland gelegt. Doch die Sozialisten rutschten von 25 auf 16 Parlamentssitze ab, die Konservativen von 13 auf 10 Abgeordnete.

„Außerhalb Spaniens und der EU ist man im Nirgendwo“

Madrid stellte seine Position bereits klar und geht auf Konfrontation zu den separatistischen Strömungen. Ministerpräsident Rajoy warnte vor den schlimmen Auswirkungen auf den Kampf gegen die derzeit alles überschattende Wirtschaftskrise, welche sich durch ein Auseinanderfallen der spanischen Einheit noch verschlimmern würde.

Kataloniens nationalistischem Ministerpräsidenten Artur Mas (CiU) drohte er mit strafrechtlichen Schritten, sollte er bei einem Wahlsieg im November ein Unabhängigkeitsreferendum ausrufen und die baskischen Separatisten und Nationalisten warnte er ebenfalls vor: „Außerhalb Spaniens und der EU ist man im Nirgendwo“.

Dabei gilt PNV-Chef und zukünftiger baskischer Regierungschef (Lehendakari) Inigo Urkullu eigentlich als ein moderater Nationalist. Zwar forderte er während seiner Wahlkampagne immer wieder „baskische Lösungen“ für den Weg aus der Wirtschaftskrise und sprach von der Notwendigkeit, dass die Basken eine „europäische Nation“ werden. Doch möchte Urkullu Forderungen nach einem Unabhängigkeitsreferendum wie es bald in Schottland stattfinden wird, auf das Jahr 2015 verschieben, um sich heuer auf die Wirtschaftskrise zu konzentrieren.

Er fordert mehr Souveränitätsrechte für die Basken, das Recht auf Selbstbestimmung und eine politische Eigenständigkeit, die nicht zwanghaft eine komplette Unabhängigkeit als neuer Staat bedeutet. Für eine radikale politische Abspaltung von Spanien, die höchstens von 20 Prozent der Basken gewünscht wird, kämpft er nicht. Auch galt seine PNV in den vergangenen Jahren immer wieder als punktueller Koalitionspartner der verschiedenen sozialistischen und konservativen spanischen Regierungen im Madrider Parlament.

Rajoy-Partei behauptet in Galicien absolute Mehrheit

Während die Konservativen bei den Regionalwahlen im Baskenland auch aufgrund der unpopulären Sparpolitik der konservativen Zentralregierung in Madrid Parlamentssitze einbüßen musste, konnten sie bei den ebenfalls am Sonntag stattgefundenen Regionalwahlen in Galicien einen wichtigen Wahlsieg erlangen. Der galicische PP-Chef und amtierender Ministerpräsident von Galicien, Alberto Nunez Feijoo, baute seine absolute Mehrheit im Regionalparlament in Santiago de Compostela sogar von 38 auf 41 Parlamentssitze aus.

Die oppositionellen Sozialisten PSdeG hingegen rutschten von bisher 25 auf 18 Parlamentarier ab und der Nationalistisch Galicische Block wurde mit sieben seiner bisher 12 Abgeordneten sogar nur noch viert stärkste Partei hinter der neuen Linkspartei AGE, die auf Anhieb neun Parlamentssitze erhielt. Damit wurde der überragende Wahlsieg der Konservativen ein Bewährungstest für die unpopuläre Sparpolitik von Ministerpräsident Mariano Rajoy.

Galiciens konservativer Ministerpräsident Nunez Feijoo hatte auf regionaler Ebene sehr erfolgreich umgesetzt, was heuer Rajoy landesweit durchboxt. Bereits im ersten Regierungsjahr strich er über 100 Mio. Euro ein und erreichte 2011 ein auf 2,37 Prozent reduziertes Haushaltsdefizit, der fünftbeste Wert unter den insgesamt 17 spanischen Regionen. Obwohl diese Politik Tausende von Arbeitsplätze kostete, scheute selbst Rajoy nicht davor zurück, Galicien während des Wahlkampfes als Vorbild seiner Sparpolitik hervorzuheben, die anscheinend von der Mehrheit der Galicier für erfolgreich empfunden wird. (APA, TT.com)

Comments

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.