Spaniens Regierungschef Rajoy hat jahrzehntelang die Entscheidung anderen überlassen und ist damit gut gefahren. Jetzt muss er sagen, was er will.

Mariano Rajoy

Mariano Rajoy

Über die Galizier sagen die übrigen Spanier gerne, man könne, wenn man ihnen auf einer Treppe begegne, nie wissen, ob sie nach oben oder unten unterwegs seien. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy stammt aus Galizien, und es scheint, als habe er für diese Redensart Pate gestanden. Seit Wochen laviert er herum, ob Spanien ein Rettungspaket in Anspruch nehmen könnte, und wenn ja, zu welchen Bedingungen. Mal sagt er, ausgeschlossen sei das nicht, wenn die Bedingungen feststünden. Mal sagt er nein, Anleihekäufe der EZB genügten. Wo er den Rotstift ansetzen werde, lasse er sich nicht vorschreiben.

Dabei warten Europa und die Welt spätestens seit dem Plazet des Bundesverfassungsgerichts zum europäischen Hilfsfonds ESM auf eine Entscheidung aus Madrid. Rajoys Zaudern gefährdet den Euro. Aber auch seine Aussage, er werde “das Beste für Spanien” tun, lässt Raum für Interpretationen.

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So war das immer während der politischen Karriere des 57-Jährigen. “Er war ein wertvoller, intelligenter und flexibler Junge, aber Initiativen durfte man von ihm nicht erwarten”, erinnert sich ein ehemaliger Mitstreiter aus den Anfangstagen der Alianza Popular. Die Partei versammelte nach dem Ende der Franco-Diktatur Galiziens Rechte um einen gewissen Manuel Fraga. Sie ist der Vorläufer der heutigen konservativen Partido Popular.

Konflikten aus dem Weg gegangen

Fraga war Tourismusminister unter Franco gewesen und sollte im äußersten Nordwesten Spaniens noch Jahrzehnte nach dem Tod des Generals im Jahr 1975 den Ton angeben. Während andere Studenten in den siebziger Jahren in Santiago de Compostela gegen die Diktatur demonstrierten und von der Revolution träumten, war der junge Rajoy möglichen Konflikten aus dem Weg gegangen und hatte sich stattdessen in seine Bücher der Rechtswissenschaften vergraben.

Nach dem Studium arbeitete der Notarssohn in verschiedenen Liegenschaftsämtern. Mit nur 26 Jahren wurde er in das Regionalparlament gewählt. Das war 1981. Fünf Jahre später wurde er Vize-Regierungschef in Galizien. Der Zufall kam ihm zu Hilfe: Einige Mitglieder der Regierung hatten gegen die Führung rebelliert und die Partei verlassen. Als die Neubesetzung der Posten anstand, erinnerte man sich gern an den loyalen, wenngleich etwas hölzernen und farblosen Mann, der immer sprach, als hätte er seine Reden auswendig gelernt.

Der Kronprinz, unauffällig im Hintergrund

So ähnlich war es auch 2003, als der damalige spanische Regierungschef José María Aznar ankündigte, er wolle nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren, und überraschend Rajoy als seinen Kronprinzen präsentierte. Unter Aznar war Rajoy zunächst Bildungsminister, 2001 wurde er Innenminister. Nach dem Untergang des Öltankers Prestige vor der galizischen Küste war sein Krisenmanagement desaströs. Doch weil Aznar im Hintergrund weiter die Fäden ziehen wollte, blieb Rajoy in seinen Augen eine gute Besetzung.

Der Ausgang der Wahl 2004 ist bekannt. Die Regierung Aznar hatte versucht, die Terroranschläge auf die Madrider Vorortzüge der baskischen Untergrundorganisation Eta zuzuschreiben, weil sie zurecht fürchtete, wegen der uneingeschränkten Unterstützung der USA im Irak-Krieg von den Wählern bestraft zu werden. Das Täuschungsmanöver aber wurde schnell entlarvt. Die Partido Popular erlitt eine heftige Niederlage, die Sozialdemokraten von José Luis Rodríguez Zapatero kamen an die Macht.

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  1. “Der Mann aus Galizien muss sich für eine Richtung entscheiden” Hat er doch schon längst, und zwar den der Ausgabenkürzungen und der Arbeitsreformen. Daher der Absturz bei den Wählerumfragen und nicht weil er wie der Artikel suggeriert nicht die Initiative ergreift. Aber das ist überall so, nur wer in die Ölwannen steigt macht sich schmutzig.
    Und mehr als sein Vorgänger Zapatero macht er alle mal, welcher seit 2008 immer nur beteuerte, Spanien hat gar keine Krise, an allem seien nur die Amis schuld und weiterschlief.
    Und ich bin froh erleben zu können, dass die Firmenchefs in Spanien wieder Licht am Ende des Tunnels sehen und die Stimmung sich leicht verbessert.

  2. Er sollte einen Austritt Spaniens aus dem Euro wählen. Dieser Rat ist durchaus nicht zynisch gemeint. Denn dies würde Spanien – nach einer turbulenten Zeit von einigen Monaten – am meisten helfen. Es wäre verbunden mit Abwertung des Neuen Peso zum Euro und vermutlich einem Schuldenschnitt für staatliche Schulden und einige Bankschulden.

    Auch Deutschland würde bezahlen, und zwar durch Entwertung von Forderungen an Spanien und möglicherweise Verringerung der Exporte nach Spanien. Aber diese Kosten wären als gute Investition anzusehen (im Gegenteil zu den zukünftigen Verlusten aus der Staatsfinanzierung durch die EZB): denn es würde eine Basis geschaffen für die Restrukturierung in eine wieder funktionierende und wachsende Wirtschaft hinein. Marktkräfte würden die Reformen bewirken, von denen Frau Merkel immer vage redet, die aber irgendwie nicht kommen wollen.

    Nach dem Artikel allerdings bezweifle ich, dass Herr Rajoy den nötigen Mut zu einer solchen Entscheidung hat.

  3. Die Bevölkerung hier mag ihn nicht deshalb nicht, weil er zaudert, sondern weil er – ganz im Gegenteil – sehr entschieden handelt und dabei sein Volk schröpt.
    Ich halte mich momentan in Spanien auf und habe selten so viel Hass mitbekommen, wie er von großen Teilen der jungen Generation gegen Rajoy und die PP empfunden wird. Während die Regierung jegliche Gesundheitsversorgung für “illegale” Einwanderer kürzt, die Mehrwertsteuern massivst angehoben hat und auch sonst die Sozialprogramme zusammenstreicht, können sich die von Ihnen angesprochenen Firmenchefs freuen: Steuererhöhungen gibt es natürlich keine.
    Seltsam, dass es Menschen gibt, die es positiv finden, wenn eine Regierung komplett gegen ihr eigenes Volk regiert.

  4. In der deutschen Sprache heissen die Nordwestspanier Galicier und die Region Galicien, wo ich mich im Augenblick aufhalte (wie Katalonien und das Baskenland mit eigenständiger Kultur und Sprache; mit dem Portugiesischen verwandt).

    Galizien ist für eine andere Region reserviert, dass sich in Südost-Polen und der Nordwest-Ukraine befindet.

    Beide Regionen sind ein Besuch wert.

  5. Rajoy hat nach dieser Darstellung die besten Voraussetzungen Spanien aus der von Zapatero-Regierung verursachten(?) Misere herauszuführen. Die deutsche Bundeskanzlerin ist sicher fest davon überzeugt. Wie bei Papandreu.

  6. Das Volk kann leiden und die Reichen muss man schonen.
    Frankreich, das als einziges Land die Steuern für Reiche erhöht hat,
    erlebt wahre Solidarität von den Nachbarn, die gerne ein paar flüchtige Bonzen aufnehmen.

    Den Spaniern muss man den Stolz lassen und ein paar Machosprüche kann man doch ertragen, Sparen müssen sie ohnehin, wie, das ist nun wirklich ihre Sache!

    Für die Solidarität unter den Völkern wird es noch ein langer, steiniger Weg werden.
    Ich bin trotzdem guter Dinge für Europa!

    Einige müssen jetzt den schmutzigen Job machen und wissen selbst, dass sie danach abgewählt werden.

  7. oder eine Politik gegen das Volk wenn die Firmenchefs wieder Leute einstellen weil sie wegen der erhöhten Produktivität mehr in das Ausland verkaufen. Wenn wegen des geplanten dualen Systems in der Berufsausbildung die Jugendarbeitslosigkeit sinkt. Das grösste Problem Spaniens ist die Arbeitslosigkeit und Arbeit schaffen nur die Unternehmer.
    Daher ist Unternehmenspolitik auch Sozialpolitik.
    Auch frage ich mich wann die Leute es einmal verstehen, dass man nur das ausgeben kann was man auch einnimmt, alles andere führt langfristig zur Pleite und belastet nur die folgenden Generationen. Daher ist eine konsolidierte Staatfinanzierung wiederum eine nachhaltige soziale Politik.
    Wir werden es ja bald in Spanien sehen. Wie gesagt, nach nun vier Jahren hört man endlich wieder positive Töne.

    • cielo
    • 14.09.2012 um
      17:53 Uhr

    an der wird auch gekürzt, und zwar nicht unerheblich. Dadurch bildet sich dann wieder in 10 Jahren eine Bildungslücke in der Gesellschaft. Ich höre schon die “Wirtschaft” tönen, dass es nicht genügend ausgebildete Menschen gibt.
    Und nur die Einkommensschwachen zu belasten und neue Gesetze zu erlassen, die den Rauswurf bei nicht gezahlten mieten erleichtert (wenn Sie hier wohnen, wissen Sie von was ich spreche), kann es doch nicht sein?!
    Es kann doch nicht sein, dass die einzige zündende Idee der Politiker die ist, Reiche zu entlasten und Arme zu belasten. Wie schon im Artikel erwähnt ziehen die ihr Geld aus Spanien ab, die Patrioten (viele von denen noch in Franco verliebt). Aber wer hier bleiben muss, der wird ausgeraubt.
    “man nur das ausgeben kann was man auch einnimmt” sehe ich ganz genau so, aber wenn es darauf hinausläuft, dass nur eine Bevölkerungsgruppe diesen Solidarposten des Zahlens übernimmt, dann ist Protest legitim!
    Dieser gewaltätige Rundumschlag Rajoys gegen 15M mit der Mossos zeigt wie brutal hier gegen neue Ideen vorgegangen wird, das ist leider ein revival von Francos Manieren.

    c.

    … Das grösste Problem Spaniens ist die Arbeitslosigkeit und Arbeit schaffen nur die Unternehmer.
    Daher ist Unternehmenspolitik auch Sozialpolitik. …

    Ja klar, wenn die Masse der Produktionsmittel, des Kapitals, in den Händen von wenigen “Unternehmern” ist, bleibt nichts anderes übrig, sofern man an liebgewonnenen Privilegien der Oberschicht nicht kratzen mag (mag Politik überhaupt nicht).

    Ich schlage vor, Spanien führt seine Austeritätspolitik noch ein paar Jahre fort, reformiert und liberalisiert fleißig die Arbeitsmärkte und dann befindet sich alles was irgendwie einen realen Wert hat und mit dem man wertschöpfend tätig werden kann, in den Händen der “Unternehmer”.
    Ist doch toll.
    Je mehr sich die Gesellschaft der besitzenden Kaste untewirft, desto eher wird diese Arbeitsplätze schaffen.
    Logisch, oder?
    Und allen geht es besser.
    Man muss die Reichen nur noch viel reicher werden lassen, damit die sich erbarmen mit dem Pöbel, und ihm geben, was er am meisten liebt und braucht: Erwerbsarbeit.
    Am besten noch schlecht bezahlt, stumpfsinnig und gesellschaftlich absolut sinnlos.

    Ne, ernsthaft:
    Ich hoffe, dass die Genossen in Spanien sich bald an vergangene Zeiten erinnern und ihr couponschneidendes Establishment zeitnah in die Wüste schicken.
    Sinnigerweise begleitet vom korrupten Staatspersonal und der katholischen Religionsmafia die ja schon Franco so dufte fand.

    … denn es ist ohne eine nennenswerte Zusatzbelastung von Großverdienern ausgekommen. Im Wesentlichen besteht es aus:

    * Einer drastischen Mehrwertsteuererhöhung

    * Eingriffen in die sozialen Sicherungssysteme

    * Ausgabenkürzungen (auch z.B. Bildung)

    Grossverdiener und die in Spanien allgegenwärtigen, steuerbegünstigten Familiengesellschaften (SICAVs: das sind Kapitalgesellschaften, keine Familienunternehmen im eigentlichen Sinne) wurden nicht belastet. Der Spitzensteuersatz und die Besteuerung der SICAVs blieb unverändert.

    Ein so unausgewogener Sparkurs ist volkswirtschaftlich gesehen alles andere als zielführend und natürlich auch höchst unsozial.

    Was mich extrem verwundert hat: Als vor nicht allzulanger Zeit die Details des Sparkurses bekannt wurden, wurde diese Unausgewogenheit in den Medien fast gar nicht thematisiert. In Deutschland wäre dies undenkbar.

    In der dramatischen Lage, in der sich Soanien befindet, müssen natürlich auch die Reichen zur Lösung beitragen — tun sie aber nicht. Ich sehe da eine gewisse — wenn auch nicht perfekte — Parallele zu hohen Boni für Angestellte von Banken die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Diese Boni solllten (und werden z.T.) begrenzt, ebenso sollte Spanien zur Belastung seiner Oberschicht verpflichtet werden.

    Ihre Ideologie (und ja, Neoliberalismus ist eine Ideologie; so wie ich das sehe, eine totalitäre) ist gefährlich und trägt einzig und allein zu einer weiteren Machtkonzentration in den Händen einer kleinen Gruppe bei. Wussten Sie, dass die größten 500 Unternehmen auf dieser Erde gut 50% des weltweiten BIP erwirtschaften? 500! Mit Austeritätsmaßnahmen und der Nicht-Belastung von Kapital schreitet diese Entwicklung nur weiter voran.

    Normalerweise geht man davon aus, dass man wenigstens über die Fakten einer Meinung ist: Wer aber Unternehmenspolitik als Sozialpolitik bezeichnet, den kann ich nur als ewig Gestrigen einstufen, der eine starke Realitätsresistenz aufweist. Haben wir nicht genügend Beispiele, die uns zeigen, dass genau dem nicht so ist? Nur eine Auswahl:

    – Die USA seit den 70er (spätestens 80er) Jahren: Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander, die Armut ist gewachsen, ganze Stadtteile verelendet, die Chancen für Arme so schlecht wie seit den Zeiten vor 1929 nicht mehr.

    – In D hat die Agenda 2010 zu einem dramatischen Anwachsen des Niedriglohnsektors geführt. Gleichzeitig werden die Arbeitslosenzahlen geschönt, indem man bspw. ältere Arbeitsuchende gar nicht mehr mitzählt.

    “man nur das ausgeben kann was man auch einnimmt”: Nun, ich gebe Ihnen hier Recht – nur gibt es eben unterschiedliche Wege dorthin. Sozialausgaben sind mit Sicherheit nicht der Grund für die Misere dieser Staaten – mit ihrer Kürzung werden lediglich die Falschen bestraft.

    • cielo
    • 14.09.2012 um
      17:53 Uhr

    an der wird auch gekürzt, und zwar nicht unerheblich. Dadurch bildet sich dann wieder in 10 Jahren eine Bildungslücke in der Gesellschaft. Ich höre schon die “Wirtschaft” tönen, dass es nicht genügend ausgebildete Menschen gibt.
    Und nur die Einkommensschwachen zu belasten und neue Gesetze zu erlassen, die den Rauswurf bei nicht gezahlten mieten erleichtert (wenn Sie hier wohnen, wissen Sie von was ich spreche), kann es doch nicht sein?!
    Es kann doch nicht sein, dass die einzige zündende Idee der Politiker die ist, Reiche zu entlasten und Arme zu belasten. Wie schon im Artikel erwähnt ziehen die ihr Geld aus Spanien ab, die Patrioten (viele von denen noch in Franco verliebt). Aber wer hier bleiben muss, der wird ausgeraubt.
    “man nur das ausgeben kann was man auch einnimmt” sehe ich ganz genau so, aber wenn es darauf hinausläuft, dass nur eine Bevölkerungsgruppe diesen Solidarposten des Zahlens übernimmt, dann ist Protest legitim!
    Dieser gewaltätige Rundumschlag Rajoys gegen 15M mit der Mossos zeigt wie brutal hier gegen neue Ideen vorgegangen wird, das ist leider ein revival von Francos Manieren.

    c.

    … Das grösste Problem Spaniens ist die Arbeitslosigkeit und Arbeit schaffen nur die Unternehmer.
    Daher ist Unternehmenspolitik auch Sozialpolitik. …

    Ja klar, wenn die Masse der Produktionsmittel, des Kapitals, in den Händen von wenigen “Unternehmern” ist, bleibt nichts anderes übrig, sofern man an liebgewonnenen Privilegien der Oberschicht nicht kratzen mag (mag Politik überhaupt nicht).

    Ich schlage vor, Spanien führt seine Austeritätspolitik noch ein paar Jahre fort, reformiert und liberalisiert fleißig die Arbeitsmärkte und dann befindet sich alles was irgendwie einen realen Wert hat und mit dem man wertschöpfend tätig werden kann, in den Händen der “Unternehmer”.
    Ist doch toll.
    Je mehr sich die Gesellschaft der besitzenden Kaste untewirft, desto eher wird diese Arbeitsplätze schaffen.
    Logisch, oder?
    Und allen geht es besser.
    Man muss die Reichen nur noch viel reicher werden lassen, damit die sich erbarmen mit dem Pöbel, und ihm geben, was er am meisten liebt und braucht: Erwerbsarbeit.
    Am besten noch schlecht bezahlt, stumpfsinnig und gesellschaftlich absolut sinnlos.

    Ne, ernsthaft:
    Ich hoffe, dass die Genossen in Spanien sich bald an vergangene Zeiten erinnern und ihr couponschneidendes Establishment zeitnah in die Wüste schicken.
    Sinnigerweise begleitet vom korrupten Staatspersonal und der katholischen Religionsmafia die ja schon Franco so dufte fand.

    … denn es ist ohne eine nennenswerte Zusatzbelastung von Großverdienern ausgekommen. Im Wesentlichen besteht es aus:

    * Einer drastischen Mehrwertsteuererhöhung

    * Eingriffen in die sozialen Sicherungssysteme

    * Ausgabenkürzungen (auch z.B. Bildung)

    Grossverdiener und die in Spanien allgegenwärtigen, steuerbegünstigten Familiengesellschaften (SICAVs: das sind Kapitalgesellschaften, keine Familienunternehmen im eigentlichen Sinne) wurden nicht belastet. Der Spitzensteuersatz und die Besteuerung der SICAVs blieb unverändert.

    Ein so unausgewogener Sparkurs ist volkswirtschaftlich gesehen alles andere als zielführend und natürlich auch höchst unsozial.

    Was mich extrem verwundert hat: Als vor nicht allzulanger Zeit die Details des Sparkurses bekannt wurden, wurde diese Unausgewogenheit in den Medien fast gar nicht thematisiert. In Deutschland wäre dies undenkbar.

    In der dramatischen Lage, in der sich Soanien befindet, müssen natürlich auch die Reichen zur Lösung beitragen — tun sie aber nicht. Ich sehe da eine gewisse — wenn auch nicht perfekte — Parallele zu hohen Boni für Angestellte von Banken die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Diese Boni solllten (und werden z.T.) begrenzt, ebenso sollte Spanien zur Belastung seiner Oberschicht verpflichtet werden.

    Ihre Ideologie (und ja, Neoliberalismus ist eine Ideologie; so wie ich das sehe, eine totalitäre) ist gefährlich und trägt einzig und allein zu einer weiteren Machtkonzentration in den Händen einer kleinen Gruppe bei. Wussten Sie, dass die größten 500 Unternehmen auf dieser Erde gut 50% des weltweiten BIP erwirtschaften? 500! Mit Austeritätsmaßnahmen und der Nicht-Belastung von Kapital schreitet diese Entwicklung nur weiter voran.

    Normalerweise geht man davon aus, dass man wenigstens über die Fakten einer Meinung ist: Wer aber Unternehmenspolitik als Sozialpolitik bezeichnet, den kann ich nur als ewig Gestrigen einstufen, der eine starke Realitätsresistenz aufweist. Haben wir nicht genügend Beispiele, die uns zeigen, dass genau dem nicht so ist? Nur eine Auswahl:

    – Die USA seit den 70er (spätestens 80er) Jahren: Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander, die Armut ist gewachsen, ganze Stadtteile verelendet, die Chancen für Arme so schlecht wie seit den Zeiten vor 1929 nicht mehr.

    – In D hat die Agenda 2010 zu einem dramatischen Anwachsen des Niedriglohnsektors geführt. Gleichzeitig werden die Arbeitslosenzahlen geschönt, indem man bspw. ältere Arbeitsuchende gar nicht mehr mitzählt.

    “man nur das ausgeben kann was man auch einnimmt”: Nun, ich gebe Ihnen hier Recht – nur gibt es eben unterschiedliche Wege dorthin. Sozialausgaben sind mit Sicherheit nicht der Grund für die Misere dieser Staaten – mit ihrer Kürzung werden lediglich die Falschen bestraft.

    • cielo
    • 14.09.2012 um
      17:53 Uhr

    an der wird auch gekürzt, und zwar nicht unerheblich. Dadurch bildet sich dann wieder in 10 Jahren eine Bildungslücke in der Gesellschaft. Ich höre schon die “Wirtschaft” tönen, dass es nicht genügend ausgebildete Menschen gibt.
    Und nur die Einkommensschwachen zu belasten und neue Gesetze zu erlassen, die den Rauswurf bei nicht gezahlten mieten erleichtert (wenn Sie hier wohnen, wissen Sie von was ich spreche), kann es doch nicht sein?!
    Es kann doch nicht sein, dass die einzige zündende Idee der Politiker die ist, Reiche zu entlasten und Arme zu belasten. Wie schon im Artikel erwähnt ziehen die ihr Geld aus Spanien ab, die Patrioten (viele von denen noch in Franco verliebt). Aber wer hier bleiben muss, der wird ausgeraubt.
    “man nur das ausgeben kann was man auch einnimmt” sehe ich ganz genau so, aber wenn es darauf hinausläuft, dass nur eine Bevölkerungsgruppe diesen Solidarposten des Zahlens übernimmt, dann ist Protest legitim!
    Dieser gewaltätige Rundumschlag Rajoys gegen 15M mit der Mossos zeigt wie brutal hier gegen neue Ideen vorgegangen wird, das ist leider ein revival von Francos Manieren.

    c.

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