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Unter Geiern
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18. Mai 2012
Wo Spanien grün ist: Wandern in den Picos de Europa / .
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Natur satt: Die alte Brücke über den Rio Cares in Poncebos, Geier und Pferde an der Vega de Llos Foto: Rolf Müller
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Foto: Rolf Müller
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Foto: Rolf Müller
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Über Stock und Stein: Die Ruta del Cares ist mit 28 Kilometern Länge bei 600 Höhenmetern eine Herausforderung. Foto: Rolf Müller
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Beliebtes Ausflugsziel der Spanier: die heilige Höhle mit Marienbild in Covadonga Foto: Rolf Müller
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Bis hierhin sind sie also gekommen, die Araber. 711 waren sie an der Südspitze Spaniens gelandet, hatten die Westgoten bei Jerez de la Frontera vernichtend geschlagen und in wenigen Jahren die Iberische Halbinsel erobert. Fast jedenfalls. Nur ein kleines Widerstandsnest im Nordwesten mochte sich den neuen muslimischen Herrschern von Cordoba nicht unterwerfen und bereitete den Arabern 722 in den Bergen Asturiens die erste Niederlage. Zusammen mit dem 100 Jahre später in Galizien entdeckten angeblichen Grab des Apostels Jakobus beflügelte dieser Erfolg die Rückeroberung Spaniens durch die Christen. Die Schlacht von Covadonga in den Picos de Europa gilt als Beginn der Reconquista. Diese sollte 770 Jahre dauern und erst mit dem Fall von Granada enden. 1492 wurde Spanien die letzten Araber los und bekam dafür die katholischen Könige Isabella und Ferdinand, Columbus – und die Inquisition.
Covadonga und die Santa Cueva, die heilige Höhle, in der sich der Anführer Pelayo mit seinen Kriegern versteckt hatte, sind heute Nationalheiligtum, Wallfahrtsort und beliebtes Tor zu Spaniens größtem Nationalpark, den Picos de Europa mit gut 60 Gipfeln, die mehr als 2500 Meter hoch sind. Der Park erstreckt sich über 65 000 Hektar, über die drei autonomen Regionen Asturien, Kantabrien und Castilla y Léon und ist gerade mal 20 Kilometer von einer der schönsten Küsten des Landes entfernt, der Costa Verde. Covadonga, Keimzelle des erst 1995 in seiner heutigen Größe ausgewiesenen Parks, kann in den Sommermonaten den Ansturm der überwiegend spanischen Besucher kaum bewältigen. Dabei ist die historische Bedeutung der Sieges von 722 gar nicht so klar. War es nur ein Hinterhalt in den Bergen oder eine entscheidende Schlacht? Haben die Araber sich nach einer empfindlichen Niederlage aus dem Nordwesten zurückgezogen, oder war ihnen das Wetter in der kantabrischen Kordillere, zu der die Picos gehören, verglichen mit al Andalus einfach zu garstig? Asturien jedenfalls profitiert bis heute vom Ruhm des Pelayo, der anschließend zum ersten König von Asturien ausgerufen wurde, und seiner Krieger: Es darf sich stolz Principado, Fürstentum, nennen. Das spanische Thronfolgerpaar, derzeit Felipe und Letizia, trägt seit dem 14. Jahrhundert den Titel der Fürsten von Asturien. Und irgendwann in seinem Leben will offenbar jeder Spanier den Sarkophag des Pelayo und die Virgen de las Batallas sehen, die Statue der Madonna, die Pelayo in der Nacht vor der Schlacht hier erschienen sein soll. Wer es im Gedränge bis an den Altar schafft, lässt sich trotz des Verbots neben der stark restaurierten Maria fotografieren.
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Dem Trubel entflieht man am besten bei einer ersten Wanderung im Westmassiv des Gebirges. Ein halbes Dutzend reizvoller Touren ist von Covadonga aus möglich, vom Spaziergang um die Covadonga-Seen bis zu den ersten steilen 500 Höhenmetern auf den 725 Meter hohen Cruz de Priena. Der bietet nicht nur einen perfekten Blick auf das Treiben rund um die heilige Höhle, aus der Gebete und Gesänge bis zum Gipfelkreuz schallen, sondern vor allem einen weiten Blick vom Atlantik bis zu den höchsten Spitzen der Picos. Da versteht man denn auch, wie das kleine, gerade mal 40 mal 20 Kilometer große Gebirge, wohl eines der schönsten Wandergebirge Europas, zu seinem Namen kam: Diese Bergspitzen waren das erste, was die Seefahrer, die aus der Neuen Welt zurückkamen, von ihrer Heimat sahen.
Neben dem Besuch Covadongas gehört die Ruta del Cares im Zentralmassiv zum Pflichtprogramm der Picos-Touristen, gilt diese Tour doch als die schönste Wanderung in Spanien. Auf dem Weg zum Ausgangspunkt Poncebos versprechen mehrere Miradores entlang der Straße einen Blick auf den berühmtesten Berg der Picos, den Picu de Uriellu, des roten Abendlichts wegen meist Naranjo de Bulnes, Orange von Bulnes, genannt.
Sechs Straßenkilometer sind es von Arenas de Cabrales bis Poncebos, dem Ausgangspunkt für die Ruta del Cares. Wer sich warmlaufen will, kann sich die 400 Höhenmeter nach Bulnes vornehmen. Der kleine Ort ist der einzige in den Picos, der nicht über eine Straße zu erreichen ist, sondern nur zu Fuß oder seit zehn Jahren auch mit einer ziemlich teuren Standseilbahn. Das hält indessen kaum jemanden davon ab, den Weiler auf die eine oder andere Art zu besuchen, zumal der Wanderweg ein reizvoller Abschnitt auf der mehrtägigen Ruta de la Reconquista ist. Nahezu jedes Haus von Bulnes beherbergt eine Bar und ein Restaurant, und zur Siesta-Zeit sind sie alle gut besucht.
Anstrengender als der kurze Abstecher nach Bulnes ist die Ruta del Cares. Hin- und Rückweg addieren sich auf fast 28 Kilometer mit rund 600 Höhenmetern, die sich vor allem auf den ersten Kilometern auf einem steilen Anstieg unter spanischer Sonne bemerkbar machen. Der Weg durch die Cares-Schlucht ist eigentlich ein Waalweg, ein Wartungsweg für den Anfang des 20. Jahrhunderts in den Felsen geschlagenen Kanal, der das Wasser des Rio Cares in das Kraftwerk von Poncebos leitet. Auch der Weg wurde weitgehend den steilen Felsen abgerungen, schwebt fast über der Gargante divina, der göttlichen Schlucht, oder verschwindet in engen, feuchten Tunneln. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte immer auf der Bergseite gehen und nur vorsichtig einen Blick riskieren – es geht mehr als 100 Meter senkrecht runter. Etwa auf halbem Weg überqueren wir die Grenze zwischen Asturien und Castilla y León – und wundern uns, dass sich auch hier die unvermeidlichen Separatisten mit der Spraydose betätigen, Kastilien überschrieben und den Doppelnamen durch Pais Leonés, Land León, ersetzt haben. Was an das einstmals stolze Königreich León erinnert.
Nach gut drei Stunden erreichen wir Caín, wo wir uns mit Agua und Cerveza für die Mühe belohnen. Wer den Rückweg scheut, kann in Caín übernachten oder mit dem Taxi zurückfahren. Dafür muss man allerdings die halben Picos umrunden und mehr als 100 Kilometer zurücklegen. Dann doch lieber nach einem Vesper zu Fuß zurück, zumal der Weg in Gegenrichtung etliche neue Blicke in die Schlucht verspricht. Auf den letzten eineinhalb Kilometern gibt es eine Variante über den Sendero fluvial, aber Vorsicht: Der Abstieg zum Fluss ist steil und führt über einen nicht ungefährlichen Schotterhang.
Vor einem Ortswechsel zur Südostseite der Picos gönnen wir uns einen Abstecher. Der Atlantik und die Costa Verde sind nur eine knappe Autostunde entfernt. Wer hier aus den Wellen des Atlantiks auf die grünen Hügel der Costa Verde blickt, hat Allgäu mit Meer.
Und sieht hübsche Küstenorte wie Llanes mit seinem denkmalgeschützten Ortskern, oder Ribadesella mit seinen kleinen, aber feinen Hotels und Buchten mit Sandstrand, die die Steilküste unterbrechen. Die Dörfer hier sind von den Bausünden der Mittelmeerstrände weitgehend verschont geblieben. Idealer Ausgangspunkt für die Erkundung des Ostmassivs der Picos de Europa ist die quirlige Kleinstadt Potes am Río Deva. Die Fahrt dahin führt uns durch den Desfiladero de la Hermida, eine der engen Schluchten, die die Picos de Europa einrahmen. Im Westen ist es der noch abenteuerlichere Desfiladero de los Beyos, in dem neben dem Río Sella kaum Platz für die Straße bleibt.
Zurück an den Río Deva: Knapp zehn Kilometer vor Potes ist die Kirche Santa Maria de Lebeña ein Geheimtipp und einen kurzen Abstecher wert. Sie ist eines der schönsten Beispiele für die präromanischen Kirchen Asturiens. Weitab von den kirchlichen Zentren Europas hat sich hier vor der ersten Jahrtausendwende ein ganz eigener Baustil entwickelt, der antike, westgotische und arabische Elemente verband. Die Hufeisenbögen, die Schiffe und Joche trennen, liegen auf Pfeilervorlagen auf. Santa Maria de Lebeña ist eines der frühesten Beispiele dieser Technik, die eigentlich erst in der Romanik und später in der Gotik Verbreitung fand und dem Raum eine klare Struktur verleiht.
Von Potes aus führt die Straße nach Fuente Dé, einem weiteren touristischen Höhepunkt. Der dürfte seine Beliebtheit indessen nicht nur dem imposanten Felszirkus verdanken, sondern auch dem Parador, dem staatlichen Nobelhotel, und vor allem der Seilbahn, die die Besucher, die mit Autos, Wohnmobilen und Bussen in Scharen anrücken, bequem 800 Meter hoch zum Mirador El Cable befördert, dem Ausgangspunkt etlicher Wanderwege.
An manchen Tagen verschwindet indessen die Seilbahnkabine nach wenigen Höhenmetern in den dichten Wolken. Dann empfiehlt sich eher ein zehn Kilometer langer Rundweg von der Talstation der Bahn aus durch die Laubwälder zum 1600 Meter hohen Bustantivo, der eine reizvolle Aussicht bietet – sofern sich die Wolken rechtzeitig verzogen haben.
Bei unsicherer Wetterlage auf der Nordseite der Picos de Europa wartet die Südseite im Wetterschatten des Gebirges oft mit den besseren Aussichten auf. Die Anfahrt zum Puerto de San Glorio auf der Straße in Richtung León ist abenteuerlich alpin. Der Pass auf gut 1600 Meter Höhe liegt zwar einen Steinwurf außerhalb des Nationalparks, doch dies tut dem Reiz einer Rundwanderung um den Pico de la Devesa keinen Abbruch. Das weite Valle de Narranco mit seinen Kühen und Pferchen könnte auch im Süden von Texas liegen, Geier inklusive. Einem inzwischen seltenen Vierbeiner hat man am Mirador de Llesba oberhalb des Puertos de San Glorio ein Denkmal gesetzt. Das Monumento al Oso erinnert an die Braunbären, die sich nur noch selten aus Kantabrien in die Picos verirren. Der Blick vom Mirador nach Nordwesten gilt im Übrigen als der schönste Blick auf die Gipfel des Gebirges.
Zurück an den Río Cares auf der Südseite der Picos de Europa und nach Posada de Valdeón. Vom Nationalpark-Informationszentrum führt ein schöner Rundweg vorbei an Buchen, Eichen und vielen Stechpalmen auf die Alm Vega de Llos auf 1552 Meter Höhe am Fuß des Torre de Collado Verde.
Über uns kreist ein Dutzend Geier – Spaniens Nordwesten zeigt sich in den Picos de Europa wahrlich von seiner schönsten und gleichzeitig wildesten Seite. Man würde sich kaum wundern, wenn plötzlich doch noch ein leibhaftiger Bär auftauchte.
Anreise: Mit dem Auto sind es zirka 1500 Kilometer; Flüge mit Air Berlin via Palma de Mallorca nach Bilbao. Von dort aus sind es mit dem Mietwagen rund 200 Kilometer in die Picos de Europa.
Beste Reisezeit: Mai/Juni, September/Oktober. Juli/August sollte man meiden.
Wanderführer: Cordula Rabe,
Picos de Europa, Rother Wanderführer, Bergverlag Rother, München
Karten: Parque Nacional de Picos de Europa, Editorial Alpina, mit einer Liste aller bewirtschafteten Hütten.
Auskunft: http://www.spaininfo.de
oder Tel. 0180/3002647
Autor: bz
Autor: Rolf Müller (Text und Fotos)
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