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Modern durch Koexistenz
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Modern durch Koexistenz
Iris Meder, 14.05.12
Es ist schon oft gesagt worden: Die Ukraine ist von Wien weniger weit entfernt als Vorarlberg. Dennoch weiß man hier über das Land, sieht man von aktuellen politischen Wirren und ein paar Schlaglichtern zur k.u.k-Historie von Galizien und Bukowina ab, so gut wie nichts. Demgemäß beginnt die aktuelle Ringturm-Ausstellung zur Architektur der Moderne in der Ukraine mit einem historischen Abriss einer Gegend, deren Vielfalt wenig zu wünschen übrig lässt: Teile des bis 1991 zur Sowjetunion gehörenden Landes waren im 20. Jahrhundert ungarisch, rumänisch, polnisch und tschechoslowakisch, was eine Koexistenz germanischer, finno-ugrischer, romanischer, slawischer und semitischer Sprachen und Kulturen mit sich brachte.
So prägt Wiener Historismus Czernowitz und Lemberg, inlusive Bauten von Theophil von Hansen und Fellner Helmer. In der Westukraine planten und bauten später auch die Wiener Architekten Hubert Gessner, Arnold Karplus, Margarete Schütte-Lihotzky sowie die Loos-Schüler Paul Engelmann und Helmut Wagner-Freynsheim. Zu dieser Zeit war die Karpato-Ukraine Teil der Tschechoslowakei; Weltklasse haben hier Bauten des tschechischen Funktionalismus wie Jaroslav Fragners Geburtsklinik in Mukatschewe, deren frühe Entstehungszeit 1922-25 selbst einen Le Corbusier erblassen ließe.
Ein anderes Kapitel der auf geografische Schwerpunkte konzentrierten Schau ist Charkow mit seinem russischen Konstruktivismus. Während einem Theater-Wettbewerb, an dem auch Walter Gropius teilnahm, nach einer durch das Stalin-Regime herbeigeführten Hungersnot und der Verlegung der Hauptstadt nach Kiew keine Realisierung folgte, beeindruckt der Hochhaus-Komplex des Gosprom-Gebäudes noch heute. Kiew ist, neben einer eigenen Spielart eines wilden pannonischen Beaux-Arts-Jugendstils, mit den Neuplanungen des Zentrums aus dem Jahr 1944 vertreten. Ein besonderes Zuckerl der Krim sind die üppigen Villen von Jalta, während die freischwebende Konstruktion des 1985 fertiggestellten Erholungskomplexes Kurpaty/Druschba bereits ein Coverstar der “Ostmoderne” ist. Prädikat: sehenswert!
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